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Nordkorea: Die Zeit steht still.

Четверг, 27 Апреля 2006 г. 22:51 + в цитатник
Dienstag, 17. Januar 2006

Ein Hauptbahnhof einer asiatischen Hauptstadt mit nur zwei Bahngleisen, ein Bahnsteig, auf dem eine Militärkapelle den Reisenden den Abschied vertont, ein Bahnhof, der ab Beginn der Dämmerung bis auf ein riesiges beleuchtetes Porträt des „geliebten Führers“ im Dunkeln liegt – das ist der Bahnhof von Pjöngjang in Nordkorea. Als sich unsere Delegation – fünf Mediziner der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) aus Schweden und Deutschland – am Samstag um zehn Uhr vormittags hier versammelt, wird uns unsere Rückreise zunächst quer durch Nordkorea nach Peking führen.
 



Anders als im sonst gespenstisch leeren Pjöngjang ist es hier lebhaft. Wir sehen das erste und einzige Taxi. Wir hätten es ohnehin nicht benutzen können, denn wir haben kein nordkoreanisches Geld, nur Euro – und die freie Bewegung innerhalb der Stadt wäre auch nicht erwünscht gewesen. Wie immer können wir uns nicht unters Volk mischen. Geschickt werden wir stattdessen in die Haupthalle umgeleitet in einen so genannten VIP-Bereich. Dieser ist mit luxuriösen Sesseln bestückt, in einem Kiosk werden minderwertige Produkte verkauft. Wir sind die einzigen Gäste.

 

Staatsgründer und Präsident auf Ewigkeitt: Kim Il-Sung

Nordkorea feierte mit seinen 22 Millionen Einwohnern jüngst den 60. Jahrestag seiner Gründung. Heute ist das Land das am strengsten abgeschirmte der Welt. Sogar eine eigene Zeitrechnung ist Teil der Juche-Ideologie, die auf totale Eigenständigkeit setzt. Präsident ist weiterhin der bereits 1994 verstorbene Staatsgründer Kim Il-Sung. Es gibt  kaum Auslandskontakte, internationale Medien sind verboten, Internet gibt es nicht.

Auf dem Bahnsteig hat sich unterdessen eine Militärkapelle zum Abschieds-Marsch in Position gebracht. Frauen mit adretten roten Krawatten spielen vor den Gästen des von einer alten elektrischen Lok gezogenen langen Zuges auf. Nur zwei Wagen aber werden das Land nach China verlassen – einer fährt nach Peking, der andere weiter nach Moskau. Schon kurz nach der Abfahrt werden wir von den Zugbegleitern des russischen Wagons angesprochen. Zu ungewöhnlich ist es, dass westliche Ausländer im Zug reisen.

Tatjana Menshikowa (Name geändert) fährt seit fast 20 Jahren die Strecke Pjöngjang–Moskau. 14 lange Tage ist sie mit drei weiteren Kollegen unterwegs. Zu den Nordkoreanern hätten sie ein gutes Verhältnis, sagt Tatjana. Einige sprächen Russisch – aber Gespräche seien nur heimlich möglich. Aus Angst vor den Staatsorganen seien die Nordkoreaner schon auf dem Bahnsteig stumm. Den kurzen Aufenthalt in Pjöngjang von Freitag auf Samstag verbringen die russischen Zugbegleiter inzwischen im Zug. Dann bekommen sie oft Besuch – von bettelnden Kindern. „Xleb“, rufen diese, russisch für Brot. „Wir bringen immer etwas für die Kinder mit. Sie tun uns so Leid“, sagt Tatjana. Früher wurden sie häufig eingeladen von russischen Landsleuten in Pjöngjang – aber das ist vorbei. Es kommen kaum noch Russen hierher. 

 

Kim Jong-Il wird "der General" genannt

Die meisten Fahrgäste sind Nordkoreaner, die zu Studium oder Arbeit ins Ausland geschickt werden. Dazu zählen auch Arbeitskolonnen, die nach Sibirien reisen. Zwei Jahre arbeiten die Nordkoreaner in der Regel in russischen Bergwerken oder als Waldarbeiter. „Das ist immer noch besser als der Hunger zuhause“, berichtet Tatjana. 

Stichwort „Hunger“: Seit 1997 lässt Nordkorea internationale Hilfe zu. Millionen Menschen sind Opfer der damaligen Hungersnöte geworden. Vorbildlich sind die Leistungen des UN-Welternährungs-Programms: 6,5 Millionen Nordkoreaner erhielten 2004 Tag für Tag zusätzliche Reisrationen. 2005 waren es nur 3,5 Millionen. Der Grund: Nordkorea will nicht um humanitäre Hilfe bitten, sondern fordert internationale Kontakte als Teil von Entwicklungszusammenarbeit. Zugleich wurde im August 2005 aber die tägliche staatliche Reisration nochmals weiter auf 200 Gramm pro Tag gesenkt. Die Mangelernährung bleibt damit ein zentrales Problem.

Nach der jüngsten Ernährungsstudie von Oktober 2004, die nordkoreanische Partner mit UNICEF und dem World Food Programme durchgeführt haben, zeichnet sich zwar eine positive Tendenz ab. Die seit 1998 vierte landesweite Untersuchung dieser Art in sieben der neun Provinzen Nordkoreas schloss 4 800 randomisiert ausgewählte  Kinder unter sechs Jahren und 2 109 Mütter mit Kindern unter zwei Jahren ein. Erhoben wurden Daten zu kindlichen Formen von Wachstumshemmung, akuter Mangelernährung und Untergewicht sowie zur mütterlichen Mangelernährung. „Die Situation hat sich danach seit Mitte der 90er-Jahre verbessert, aber Ernährung und Gesundheit bleiben ein ernstes Problem“, sagt Pierrette Vu Thi, Leiterin der UNICEF-Mission in Pjöngjang.

So zeigt die Studie bei den Wachstumsstörungen von Kindern unter sechs Jahren noch immer eine im WHO-Vergleich hohe Prävalenz von 37 Prozent. 2002 lag sie noch bei 42 Prozent. Eine sinkende Tendenz zeigt sich auch bei der Mangelernährung, vor allem in der Altersgruppe der Ein- bis Zweijährigen. Aber noch immer leiden sieben Prozent aller Kinder unter Mangelernährung. Einen gegensätzlichen Trend verzeichnet die Untersuchung beim Thema Untergewicht. Bei den älteren Kindern wird eine geringe Zunahme von Fällen während der vergangenen zwei Jahre belegt, bei den ein- bis zweijähringen Kindern sinkt dagegen die Zahl. 

„Die mütterliche Mangelernährung“, bestätigt die UNICEF-Chefin, „ist nach wie vor hoch“. Bei 2 109 Müttern von Kindern unter zwei Jahren zeigten nicht nur 32 Prozent relevante Zeichen einer bestehenden Mangelernährung, 35 Prozent der 1 253 auf Hämoglobin-Werte untersuchten Frauen waren anämisch. Während dieser Blutarmut meist ein Mangel an Eisen zugrunde liegt, sind die vielen Fälle von Nachtblindheit dem ernährungsbedingten Vitamin-A-Mangel geschuldet. 

 

Ein Hörsaal in Pjönjamg

Das nordkoreanische Gesundheitswesen ist gut strukturiert. Auf etwa 150 Familien kommt ein Hausarzt, in jedem der 200 Distrikte gibt es ein Krankenhaus. Für die neun Provinzen Nordkoreas ist jeweils eine größere Klinik zuständig und in der Hauptstadt wartet als letzte Instanz ein halbes Dutzend Spezial- und Universitätskliniken. Wichtigste Anlaufstelle für gesundheitliche Fragen sind die Hausärzte, die neben ihren Sprechstunden am Vormittag üblicherweise auch Hausbesuche durchführen und gelegentlich über einige Betten für die nächtliche Beobachtung ihrer Patienten verfügen. Gemeinsam mit den zahlreichen Hausärzten sind es vor allem die Krankenhäuser der Distrikte, die die Basisversorgung sicherstellen – zumindest theoretisch.

In der Praxis, so Jaap Timer, Leiter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, fehlt es aber an allem, um in der vorgehaltenen Struktur eine ausreichende medizinische Versorgung leisten zu können. „Deshalb versorgen wir inzwischen ein Drittel der gesamten Bevölkerung Nordkoreas mit 70 Prozent der dringend benötigen Medikamente, und im Winter kommt noch die Kohle dazu“. Bei Minusgraden um 20° Celsius kommt es in den Wintermonaten einer präventiv-medizinischen Maßnahme gleich, die kalten Klinken angemessen heizen zu helfen.

Laut Timer fehlt es aber nicht nur an Medikamenten und dem nötigen Wissen über rationale Therapien, es fehlt auch eine ausreichende Datenbasis, um den Erfolg oder Misserfolg der eigenen Arbeit einschätzen zu können. Sofern die Behörden überhaupt über eigene Daten verfügen, stellen sie diese den Hilfsorganisationen nur unzureichend zur Verfügung. „Um Daten zu erhalten, sagen wir inzwischen sogar zu, sie nicht zu publizieren und allenfalls zur Erhöhung der Spendenbereitschaft einzusetzen“, so Timer. 

Wir fahren vorbei an seichten Hügeln. Feld um Feld säumt den Weg, überall, auf jedem freien Stück Land wird Reis angebaut. Doch während der stundenlangen Fahrt sehen wir gerade einmal einen Traktor. Die Menschen scheinen mit bloßen Händen zu arbeiten, Werkzeug ist nicht zu erkennen. Die Zeit steht. 

Die Grenze naht. Der Zug bleibt immer häufiger stehen. Schon etwas verspätet erreichen wir die nordkoreanische Grenzstadt Sinuiju. Ein junger Grenzbeamter zieht die Pässe ein. Er ist höflich und lächelt. Ein Zöllner kommt und inspiziert unsere Koffer. Die Atmosphäre ist freundlich und entspannt – leider können wir uns nicht unterhalten. Drei Stunden dauert das Prozedere. Die russischen Bahner kennen das schon. „Keine Sorge“, beruhigt Tatjana: „Die Militärs sind menschlich in Ordnung.“ 

Schätzungen zufolge gibt Nordkorea 15 Prozent des Bruttosozialproduktes für sein Militär aus. Begründet wird dies mit der atomaren Bedrohung durch die USA. Grund genug für Kim Jong-Il, kürzlich den Atomwaffensperrvertrag aufzukündigen und ein eigenes Atomwaffenprogramm zu betreiben. Zu Recht aber beklagt Nordkorea, dass Versprechen seitens der USA nicht eingehalten wurden und dass das Land für den Fall eines Verzichtes auf ein Atomwaffenprogramm Anspruch darauf haben muss, nicht mit Massenvernichtungswaffen angegriffen zu werden. In den 6-Parteien-Gesprächen mit Japan, Russland, den USA, China sowie Nord- und Südkorea wird derzeit versucht, eine Lösung zu finden, um die Kriegsgefahr in der Region zu bannen.  

Von all dem bekommen wir auf dem breiten Fluss Yalu Jiang, der Nordkorea von China trennt, schon nichts mehr mit. Als wir gegen 19 Uhr in der von Europa fast 9 000 Kilometer entfernten Grenzstadt Dandong ankommen, haben wir das unglaubliche Gefühl, wieder „zu Hause“ zu sein. Neue Wagons werden angehängt. Modern gekleidete Chinesen lösen das Bild der uniformierten Nordkoreaner ab. Mobiltelefone, MP3-Player und Coca-Cola ersetzen den Führerkult.

Es ist längst dunkel – noch ein weiterer Stopp wartet auf uns: Shenyang, eine bedeutende Industriestadt im Nordosten Chinas. Als am Morgen die Sonne aufgeht, rasen wir vorbei an dicht bebauten Ballungszentren – immer Richtung Peking, wo wir gegen elf Uhr ankommen. Direkt auf dem Bahnsteig sind zwei europäische Luxuslimousinen geparkt. Welch ein Kontrast.

Die internationale IPPNW will den Kontakt mit Nordkorea ausbauen. Im Gespräch sind ein internationaler Studentenaustausch im Rahmen des IPPNW-Projekts „famulieren und engagieren“ (siehe www.ippnw.de) sowie die Veranstaltung von Medizin-Symposien zu medizinischen und gesellschaftspolitischen Fragen. 

Dr. med. Lars Pohlmeier, Stephan Kolb, E-Mail: stephan.kolb@klinikum-nuernberg.de

Links zum Thema

» Deutches Ärzteblatt (3/2006) Nordkorea: Mit dem Reisigbesen ins Atomzeitalter
Рубрики:  ПРОСТО СТАТЬИ

 

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